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Microgrids für Gemeinden und Quartiere: kleines Netz, grosse Wirkung?

Die jüngsten Zahlen aus Deutschland belegen: Solar und Wind gewinnen weiter an Bedeutung. Was das für Schweizer Gemeinden und Energieversorger bedeutet und wie sie Sicherheit und Kosten im Griff behalten können, beleuchten wir am Beispiel der Microgrids.

Eine Energiewende ohne Strom aus Solar und Wind? Nicht zu machen. Das gilt noch stärker für die Klimaziele – allen schon wegen dem gesetzlich vorgeschrieben Zeitrahmen. Unser Beitrag beleuchtet aus Anlass der jüngsten Zahlen aus Deutschland, was das für das Zusammenspiel von Produktion und Stromnetz für die Schweiz bedeutet. Als Grundlage, wie eine Lösung aussehen könnte, dienen dazu die Einschätzungen von drei Experten am Beispiel des Microgrids.

Tempo und Geschäftsmodelle: Experten schätzen die Energiewende ein

Der Blogpost basiert auf dem Artikel «Gemeinden und Quartiere laden sich auf», der im Magazin energieinside erschienen ist (online nicht zugänglich). Unser Energie-Experte Marcel Leibacher hat dort die Einschätzungen von Prof. Jürg Rohrer (ZHAW), Simon Ryser (Energiebüro) und Daniel Gottardo (Weidmüller Schweiz) zum Stand der Technik und des Marktpotenzials beleuchtet.

Wir nehmen diese als Basis, am Beispiel Microgrid die Handlungsfelder für Gemeinden, Energieversorger und Stadtplaner abzustecken. Denn es braucht Lösungen, wie der siebte Monitoringbericht zu den Energie- und Klimazielen 2050 zeigt: Weder die Produktion noch der Verbrauch entwickeln sich, wie es für die Ziele notwendig wäre.

Ausgangslage: Wind- und Solarkraft auf Vormarsch

Die Zahlen aus Deutschlad belegen eindrückliches: Im dritten Quartal 2025 stammten mehr als 50 Prozent aus Windkraft (26,8%) und Photovoltaik (24,1%). Damit erreicht der Anteil von Solar und Wind neue Rekordwerte. Dieser Trend zur wetterabhängigen Stromproduktion bringt jedoch massive Anforderungen ans Netz und wirft die Frage auf, woher künftig Netzstabilität und Versorgungssicherheit kommen sollen — auch in der Schweiz.

Handlungsfeld: Das Netz als kritische Grösse

Die Solar- und Windenergie muss in der Schweiz weiter an Bedeutung gewinnen. Denn unabhängig von den laufenden Diskussionen gehören die beiden Technologien zum zukünftigen Produktionsmix, will die Schweiz nur schon ihre Klimaziele erreichen. Natürlich müssen bei der Energiewende auch geopolitische und andere Überlegungen einbezogen werden, insbesondere auch wirtschaftliche (auch das zeigt das Beispiel Deutschland). Dass dabei das Netz eine kritische Grösse darstellt, ist dabei aber allseits (an-)erkannt. Erschwerend für die Schweiz kommt dazu, dass sie nach wie vor nicht ein vollwertiges Mitglied des europäischen Stromabkommens ist. Gerade das macht noch einmal klar: Die Energiewende braucht dezentrale, lokal verankerte Lösungen.

Fünf Punkte, wieso Microgrids heute relevanter sind denn je

Was Microgrids für den Netzausbau leisten können, ist in der Schweiz keine neue Diskussion. So galten diese bereits vor gut 15 Jahren als Baustein für das Gelingen einer Energiewende, die auch die Kosten im Auge behält. Trotzdem: Nach wie wie vor ist es z.B. für Netzbetreiber attraktiver, in den zentralen Netzausbau zu investieren – auch wenn dieser im Gesamtvolumen teurer kommt. Soll die Energiewende aber gelingen, braucht es eine ganzheitliche Sicht auf die zukünftige Versorgung. 

Punkt 1

Lokale Versorgung stärkt Netz­resilienz

Mit zunehmendem Ausbau von Solar und Wind schwankt die Einspeisung stark. Wetterphasen mit wenig Sonne oder Wind (Dunkelflauten) führen zu Engpässen. Die Studien zeigen, dass eine rein wetterabhängige Energieversorgung ohne Speicher und Flexibilität teuer und riskant ist. Hier kommen die Migrogrids ins Spiel: Ein dezentrales Netz,  das Produktion, Verbrauch, Speicherung und Steuerung integriert, kann wetterbedingte Schwankungen auffangen und so die Abhängigkeit seines Versorgungsgebiets vom zentralen Netz verringern.

Punkt 2

Microgrids schaffen «Inseln»: unabhängig und robust

Ein Microgrid ermöglicht in Quartieren, Überbauungen, Industriearealen oder kritischen Infrastrukturen eine weitgehende Unabhängigkeit vom zentralen Netz. Produktion (z.B. Photovoltaik), Speicher (Batterien), intelligentes Lastmanagement und Steuerung arbeiten lokal zusammen. So lassen sich Versorgungssicherheit und Autarkie steigern — gerade dort, wo stabile Stromversorgung essentiell ist wie in Spitäler, der Industrie oder bei Neubauten. Da die nachhaltige und lokale Stromversorgung in der Zukunft weiter zunehmen wird, werden Microgrids zum Standortvorteil. 

Punkt 3

Microgrids ergänzen das bestehende Netz — mit Potenzial für Neubau und Industrie

Insbesondere bei Neubauten oder grössseren (Areal-)Entwicklungen lassen sich Microgrids technisch gut umsetzen. Beispiele zeigen, wie das schon heute gemacht wird. Viele der Beispiele, in denen Quartiere mit Photovoltaik-Anlagen und Steuergeräten zu kleinen, eigenständigen Energieinseln werden, sind in der französischsprachigen Schweiz realisiert.  Auch Industrieareale profitieren, wie Daniel Gottardo betont: Sie reduzieren Energieverluste, optimieren den Eigenverbrauch optimieren und senken den CO₂-Fussabdruck.

Punkt 4

Warum der Ausbau bisher stockt

Trotz hoher technischer Reife gibt es Hürden: Politische und marktwirtschaftliche Anreize für Microgrids fehlen bislang. Der Aufbau unabhängiger Netze lohnt sich nach wie vor kaum — insbesondere dort nicht, wo das zentrale Netz bereits als ausreichend stabil gilt. Deshalb bleibt der konkrete Markt- und Infrastrukturwert begrenzt.

Gegen diese Sichtweise spricht jedoch, dass ein Stromausfall schnell auch Milliarden kosten kann, wie die zwei Beispiele in Südeuropa dieses Jahr zeigen: Hier geht es nicht ohne ausgewogene Güterabwägung. Und auch wenn ein grossflächiger Stromausfall (Blackout) nach wie vor wenig wahrscheinlich scheint, ist die Gefahr von kleinflächigen Ausfällen (Brownouts) um ein Vielfaches realer: Nicht umsonst haben die Energieversorger dazu die Pläne vorbereitet. 

Punkt 5

Was das für Gemeinden und Energieversorger in der Schweiz bedeutet

Eigenverantwortliche Netze können gerade in Gemeinden, Quartieren oder Industriearealen ein starkes Instrument sein für Versorgungssicherheit, Netzentlastung und lokale Wertschöpfung. Denn dezentrale Lösungen sind ein strategischer Baustein, um die Energiewende zukunftsfähig zu gestalten — unabhängig davon, wie sich die internationalen Bedingungen in Europa und der Welt entwickeln.


Partizipation der Bevölkerung ist für den Erfolg entscheidend: Nur mit Akzeptanz und einer Einbindung vor Ort lassen sich solche Projekte erfolgreich gestalten. Darüber hinaus eröffnen neue Modelle auch die aktive Beteiligung der lokalen Stakeholder.


Hier setzt der Ansatz von enovation an: enovation hilft Energieversorgern und Gemeinden, Beteiligungsprozesse aufzusetzen und lokale Bevölkerung frühzeitig einzubinden — ein entscheidender Schritt, wenn Microgrids nicht als technische Vision, sondern als gelebtes Zukunftskonzept umgesetzt werden sollen.

Fazit

Dezentrale Lösungen sind nur mit Beteiligung der Bevölkerung erfolgreich

Alle aktuellen Entwicklungen zeigen, der Anteil wetterbasierter Produktion steigt — nicht nur in Deutschland, auch in China. Das fordert jedoch auch die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit heraus. Da der Ausbau von Solar- und Windkraft jedoch ohne kurz- und mittelfristigen Alternativen dasteht, braucht Lösungen, die heute verfügbar sind.

Dezentrale, lokal gesteuerte Microgrids bieten ein starkes Instrument, um die Energiewende robust und resilient zu gestalten — gerade in einem Land wie der Schweiz ohne europäisches Stromabkommen. Wer heute in dezentrale Lösungen investiert und die Bevölkerung frühzeitig beteiligt, legt den Grundstein für eine nachhaltige, nachhaltige und stabile Energiezukunft.
Wenn Sie überlegen, wie ein konkretes Microgrid-Projekt aussehen könnte — von der Beteiligung bis zur technischen Umsetzung — lohnt es sich, mit enovation Kontakt aufzunehmen.

Seeanemonen – ein Sinnbild für Schutz und Verbundenheit. Foto von keith smith auf Unsplash

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