Zwischennutzung – Bühne frei für die Nischenplayer
Bern und Basel haben sie, Luzern hat sie auch und Zürich sowieso: die Zwischennutzung. Das Konzept findet auch in der Schweiz grossen Anklang. Restaurants, Parks, Shops oder Galerien bieten dem Publikum als Pop-up neue Reize. Doch was bleibt den Quartieren, nachdem die Karawane weiter gezogen ist? Eine Auslegeordnung.
Ein Klassiker der Zwischennutzung sind Gärten. Sei es auf Brachen, in Hochbeeten oder auch in der Vertikalen. Sie finden sich in der Stadt ebenso wie draussen auf dem Land. Die Europalette ist dabei das Symbol für die zeitliche Beschränkung – zur Lounge umgebaut auch in vielen Pop-up-Gartenrestaurants. Daneben gibt es viele weitere Nutzungen. So werden alte Gebäude zum Kunstraum oder umgenutzte Areale zu Galerien für das Kleingewerbe. Welche Formen und Funktionen der Zwischennutzung gibt es eigentlich, und was bringen diese der nachhaltigen Quartier- und Areal-Entwicklung?
Zwischennutzung: Lifestyle-oder Laborraum?
Das Pop-up als Form der Zwischennutzung soll angeblich erstmals in Los Angeles ausprobiert worden sein (siehe Box unten). Es ist eine sehr beliebte Form der Zwischennutzung, aber bei weitem nicht die einzige. Für die Bewohner*innen von Quartieren stellt sich bei Nutzungen des «urbanen Lifestyles» wie jeder anderen auch die Frage, was sie schlussendlich davon haben.
Zwischennutzung: alles Pop-up oder was?
Pop-ups sind die zurzeit bekannteste Form der Zwischennutzung. Ob leer stehende Geschäftsräume, Schiffscontainer oder ein unbenutzter Hinterhof: Es gibt kaum einen Ort, der nicht für kurze Zeit in ein Restaurant, eine Galerie oder einen Laden umgenutzt werden kann. Das Konzept wurde erstmals im Jahr 1997 in Los Angeles ausprobiert. Es ist im Rückblick wohl kein Zufall, dass der Organisator ein Eventmanager war. Denn die Inszenierung gehört massgeblich zum Wesen eines Pop-ups. Dazu bieten verschiedene digitale Plattformen ihre Dienstleistungen im Bereich Lokalsuche, Konzept und Event an.
Freilich gibt es nicht den einen Nutzen. Jedoch sind für Quartiere und deren Entwicklung insbesondere jene Formen der Nutzung interessant, in denen der Raum nachhaltig entwickelt wird. Dazu übernehmen Zwischennutzungen die Funktion von einem Labor, wo aus Betroffenen Beteiligte werden.
Nischen: Zwischennutzung für Innovationen
Für die Laborsituation eignet sich der Nischengedanke bestens. Allgemein ist eine Nische ein Ort, in dem sich ein Angebot findet, das aktuell nicht oder nur ungenügend vorhanden ist. Hier können die Betroffenen also neue Ideen und Projekte entwickeln, die für die Lebensqualität im Quartier fehlen.
Nischen zeichnen sich durch ein Angebot aus, das aktuell im Quartier noch nicht besteht oder nur ungenügend vorhanden ist.
Im Gegenzug zur Nutzung eine Ortes durch Lifestyle-Projekte (deren Preise sich lange nicht alle Bevölkerungsschichten leisten können) sind Nischen für alle zugänglich. Sie stehen so also auch jugendlichen oder älteren Generationen offen. Im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung können für die Nischen verschiedene Funktionen unterschieden werden.
Gesucht: Nischen mit nachhaltiger Nutzung
Eine zentrale Funktion von Nischen ist die Vernetzung: Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen treten miteinander in Kontakt. Sie könnten dort ein Projekt zur Nachbarschaftshilfe initiieren und so die älteren Bewohner*innen befähigen, länger am Quartierleben teilzuhaben und dieses auch aktiv mitzugestalten. Zu den grundlegenden Funktionen solcher Nischen gehören neben der Vernetzung, Initiierung und Befähigung auch die Gestaltung und die Mobilisierung.
So könnte beispielsweise ein Generationenprojekt in einem nicht mehr genutzten Gebäude entstehen. Bevor es abgerissen wird, entsteht eine «Bibliothek mit Quartiergeschichten», wo Rentner*innen den Kinder die Geschichten ihrer Wahl vorlesen:
- Vernetzung: unterschiedliche Generationen kommen ins Gespräch
- Initiierung: durch den Austausch entstehen weitere Projekte
- Befähigung: die ältere Generation erfährt Wertschätzung, junge Generation hat Freizeit
- Gestaltung: Von der Idee bis zur Umsetzung sind die Betroffenen involviert
- Mobilisierung: das Projekt «Bibliothek» braucht breite Unterstützung, die Ressourcen der Menschen werden aktiviert
Gerade in den Städten finden sich nur wenige Orte, die von Kindern oder Jugendlichen selbständig gestaltet werden können. Fast ohne Bedarf an Zwischennutzungen scheinen zudem ältere Personen zu sein: nur selten richtet sich ein Angebot an sie. Von der Lust, Neues temporär für die nachhaltige Lebensqualität auszuprobieren, spürt man nur selten etwas.
Digitale Mittel zur Unterstützung
Nischen sind offen für verschiedene Nutzungen. Dabei hilft beispielsweise ein Online-Kalender bei der Koordination. Zusätzlich reduziert die Möglichkeit, Räume zu reservieren, den administrativen Aufwand. Eine weitere Möglichkeit der Unterstützung bieten Pinwände – montiert vor Ort oder digital auf einer Website. Hier können Ideen gesammelt, Aufrufe gemacht und Treffen angekündigt werden.
Was das richtige Mittel ist, hängt einmal von den Zielen der Nischennutzung ab, aber auch den bestehenden Mitteln und Kanälen der Kommunikation. Gerade wer die jungen Generationen abholen will, muss hier wohl nachjustieren. Ebenfalls empfiehlt es sich, zu Beginn verschiedene Formen des Engagements auszuprobieren. Im Anschluss daran fällt es dann leicht, das bestehende Angebot zu optimieren und so die Resultate der Nischennutzung nachhaltig im Quartier zu verankern.
Was ist das richtige Tool?
Digitale Services können informieren, koordinieren oder vernetzen. So viele Dienste es gibt, die Wahl hängt vom Einsatzzweck ab. Daneben sind oft schon bestehende Softwarelösungen im Einsatz – gerade in einem ersten Schritt kann es sinnvoll sein, auf diesen aufzubauen. Aufbauend auf den ersten Erfahrungen lassen sich dann die eingesetzten Mittel zielführend skalieren. Enovation unterstützt Organisationen in der Wahl des richtigen Set-ups und sorgt dafür, dass Sie die Zielgruppen auch wirkungsvoll erreichen.
Titelbild von Brett Sayles